Sittertal

19 Werktagswanderer fanden ein Plätzchen im Schnellzug nach Gossau, Frauen in grosser Überzahl. Ein Wanderer mit Partnerin, der uns unterwegs begegnete, meinte ganz fasziniert (oder neidisch???), haben Sie einen Harem! Ich hoffe unsere Herren waren sich ihres Privilegs bewusst und ärgerten sich nicht über die fröhlich schwatzende Begleitung.
In Bernhardzell wurde unser TL belehrt: Keine Werktagswanderung ohne Kaffee und Gipfeli zum Start. Die einzige Beiz hatte geschlossen, doch Frau Nachbarin kannte die Lösung: im Altersheim Wiborada seien wir willkommen! (Wiborada, Heilige und Schutzpatronin der Pfarrhaushälterinnen und Köchinnen.) Nach dem Besuch der schönen, einzigartigen Kirche überfielen wir wie ein Heuschreckenschwarm das Altersheim-Restaurant. Etwas überrumpelt, aber äusserst freundlich wurden wir bedient. Und doch wollte niemand bleiben!
Unsere Wanderung führte uns über goldgelbe Löwenzahnwiesen mit blühenden Apfelbäumen hinunter zur Wannenbrücke und durch frisch grünen Frühlingswald der Sitter entlang nach St.Gallen. Auf, ab, um umgestürzte Bäume herum, auf sorgfältig erneuerten Wegen durch Rutschungen, an Gänsen und Drachen vorbei erreichten wir die Spiseggbrücke und damit eine Buslinie, die direkt an den Bahnhof St.Gallen führt. Hier endet auch der sogenannte Sitterstrandweg und der St.Galler Brückenweg beginnt.
Zu Beginn dieser Wegstrecke merkten wir, dass sich hinter dem grünen Hügel eine Stadt befinden muss. Einige ihrer technischen Werke wie KVA und ARA sind nämlich im Sittertal angesiedelt. Doch schon bald erreichten wir den Billenbergweg-Steg und bogen in die Sitterschlucht ein. Hier faszinierte uns ein ganz anderes, vorwiegend technisches Bild: Vier Brücken, die sich hoch oben über das enge Tal spannen. Vor allem die letzte, über die die Eisenbahnlinie nach Herisau führt, besticht mit ihrer Eleganz. Hohe, sich verjüngende Pfeiler, im Mittelteil eine Stahlbrücke und obendrauf die eleganten, weissen Wagen der Südostbahn.
Beim Kraftwerk, zuhinterst in der Schlucht, verliessen wir die Sitter, überquerten auf einer Holzbrücke die Urnäsch und stiegen 150m steil durch den Wald hinauf zur Sturzenegg, wo ein Beizlein auf uns wartete. Nicht alle wollten den Wandertag genüsslich beschliessen, sondern stürmten weiter hinunter zur Bahnhaltestelle am Gübsensee. Wir andern genossen die sommerliche Wärme, löschten den Durst und wanderten dann gemütlich zum Gübsensee hinunter. Um 19 Uhr trafen auch wir, müde und zufrieden, in Brugg ein.
Herzlichen Dank, Hans, für die schöne Wanderung.
Rosmarie Grimmer

Bilder von Jürg Hägi und Hans Grimmer