Drytooling in Balsthal – oder: Eisklettern ohne Eis, dafür mit Stilbruch
Drytooling? Für Uneingeweihte klingt das wie eine schlechte DIY-Beschreibung aus dem
Baumarktprospekt. In Wahrheit ist es ein Abenteuer, das irgendwo zwischen Eisklettern ohne
Eis und Klettern mit Eisgeräten und Steigeisen rangiert. Klingt schräg? Ist es auch. Aber
genau das macht den Reiz aus.
Am Samstag, den 23. November, führte uns unser wagemutiger Tourenleiter Patrick in die
frostigen Gefilde des Drytooling-Klettergartens bei Balsthal, St. Wolfgang. Der erste
Wintereinbruch war bereits Schnee von gestern – im wahrsten Sinne des Wortes – und die
Landschaft erstrahlte in tief verschneitem Weiß. Perfektes Wetter, um sich freiwillig in
scharfe Metallgeräte zu hängen.
Unsere kleine Truppe bestand aus Patrick, Kristina, Cinzia und mir. Nach einer kurzen
Einführung, bei der Patrick uns die Grundlagen und die potenziellen Stolperfallen erklärte,
ging es auch schon los. Er richtete die ersten beiden Routen ein, und wir standen staunend
davor, als hätte er uns soeben die Rezeptur für Anti-Schwerkraft-Kleber verraten.
Drytooling funktioniert so: Man sucht mit den Eisgeräten sogenannte „Hooks“ – winzige,
unscheinbare Kanten oder Löcher im Fels. Diese mikroskopisch kleinen Auflageflächen
halten überraschend gut. Zumindest für die Eisgeräte. Das Vertrauen in die Technik wächst
aber erst nach ein paar nervenaufreibenden Momenten, in denen man die Schwerkraft testet.
Dann kommen die Steigeisen ins Spiel. Oder besser gesagt, ins Chaos. Mit ihnen sucht man
Tritte, die einem Halt geben sollen – rein theoretisch. Praktisch fühlt man sich dabei wie ein
Elefant im Porzellanladen. Das Gefühl in den Füßen? Null. Der Stil? Einzigartig, aber
fragwürdig.
Besonders die „einarmigen Klimmzüge“ wurden schnell zum Running Gag. Patrick meisterte
sie mit einer Ruhe, als hätte er heimlich im Fitnessstudio geübt. Kristina, Cinzia und ich
hingegen sahen aus, als würden wir versuchen, uns an einem Schokoriegel festzuhalten, der
langsam wegschmilzt.
Doch mit jeder Route wuchs unser Mut – ebenso wie unsere Zuversicht, dass wir das
irgendwie schaffen könnten. Gleichzeitig sank allerdings unsere Kraft in rasanter
Geschwindigkeit. Die Arme? Pudding. Die Füße? Gefroren. Kristina versuchte sich noch mit
der neuesten Outdoor-Technologie: einer Elektroheizung in Socken und Shirt. Der Effekt? So
hilfreich wie eine Wärmflasche im Tiefkühlfach.
Am Ende des Tages waren wir alle ausgepowert, leicht unterkühlt, aber glücklich. Drytooling
ist kein Sport für Warmduscher, aber genau das macht den Reiz aus. Es fordert nicht nur die
Muskeln, sondern auch den Kopf – und bietet jede Menge Gelegenheiten für absurde, lustige
und unvergessliche Momente.