Skitourenwoche Berner Haute Route

Mittwoch: In die Berglihütte
Bereits der obligatorische Halt der Jungfraubahn an der Station Eismeer setzte den Ton für den ersten Tag: Aus den Schaufenstern in den Gletscherbruch sah man nur weissen Nebel. Die Wetterprognosen für unseren Starttag waren kurzfristig gekippt. Bei -10 Grad, einem Windmittel von 74km/h und Böen über 100km/h (Wetterstation Jungfraujoch), marschierten wir vermummt los. Die geplante Besteigung des Mönchs mit seinem ausgesetzten Grat erübrigte sich selbstredend. Nach kurzem Stopp in der Mönchsjochhütte, wo der Speisesaal um 11 Uhr gut gefüllt war mit gestrandeten Tourengängern, begaben wir uns wieder hinaus ins Weiss und erreichten bald das Untere Mönchsjoch. Beim Abfellen drohten hier nicht nur die Fell-Netzchen, sondern auch gleich die ganzen Skier davon zu fliegen. Angeführt von Bergführer Tom fuhren wir am Seil vorsichtig über den Steilen Gletscher neben die legendäre Berglihütte. Die über 150-jährige Hütte liegt exponiert auf einer Felsklippe im Eismeer Gletscherbruch und wird heute wenig besucht. Mit Mühe versuchten wir das Innere ein wenig aufzuheizen, doch das war ein schwieriges Unterfangen, zumal Böen immer wieder die Zugrichtung im Kamin drehten und Rauchschwaden wie von einer Dampflocke ins Hütteninnere bliesen. Die Älplermakronen schmeckten dafür umso besser – nur beim Rahm mussten wir Abstriche machen: Das Tetrapack hatte bei einem abrupten Fahrtmanöver über den Bergschrund oberhalb der Hütte Bekanntschaft mit den Harscheisen gemacht und so landeten erhebliche Teile des Inhalts verteilt im Rucksack anstelle des Kochtopfs. Nach ein paar Stunden zeigte das optimistisch hoch montierte Thermometer in der Hütte immerhin 12 Grad Celsius und so legten wir uns dick eingepackt schlafen.

Donnerstag: Durchs Eismeer zur Schreckhornhütte
Nach einer kalten Nacht zeigte selbst das hoch montierte Thermometer nur noch 2 C an. Doch das Wetter draussen war vielversprechend. Direkt vom Hütten-Balkon seilten wir uns 30 Meter in Plumpsklo-Falllinie in den Eisbruch ab. Dort folgte eine spektakuläre und sehr fordernde Abfahrt zwischen riesigen Spalten und Seracs bis schlussendlich über einen steilen Schlussabsatz auf die untere Ebene des Eismeers. Nach einem steilen Aufstieg zum Pfaffestecki fuhren wir einsam ab auf den oberen Eismeer Gletscher und stiegen zur Schreckhornhütte hoch. Noch selten war ich so müde nach einer Skitour mit weniger als 1000 Höhenmeter Aufstieg. In der Schreckhornhütte waren wir wiederum alleine und gemäss Hüttenbuch erst die 2. Besucher seit letztem Herbst. Ganz im Gegensatz zum Vorabend genossen wir die ausgiebige Abendsonne vor der Hütte.

Freitag: Nass Strahlegg – Lauteraarhütte
Am Nächsten Morgen marschierten wir auf dem vorerst flachen Oberen Eismeer bis zum ersten Gletscherbruch, den wir mit Steigeisen seitlich umkletterten. Den restlichen, teilweise steilen Anstieg in spektakulärer Kulisse meisterten wir mit den Skiern und erreichten den Gipfel der Nass Strahlegg. Von dort befuhren wir den Finsteraargletscher und gleiteten bis unterhalb der Lauteraarhütte. Damit war das Tagessoll aber noch nicht geschafft. Die Hütte thront fast 300 Höhenmeter oberhalb der verkümmerten Gletscherzunge und die ersten 200 davon gilt es auf Leitern zu überwinden. Mit Skis auf den Rucksäcken machten wir uns an die Arbeit und erreichten die dritte unbewartete Unterkunft dieser Tour. Die Ausrüstung zollte unterdessen langsam den Tribut für die intensive Tour: Neben einem gebrochenen Stock und einer gerissenen Schuhschnalle blieb auf einem der Skier hartnäckiger Fellkleber zurück. Letzteres wohl auch wegen dem ausgiebigen Sonnenschein, den wir an diesem Nachmittag vor der Hütte sitzend geniessen konnten.

Samstag: Hiendertellti-Joch – Hubelhoren
Nach 700 Metern aufstieg erreichten wir an diesem Morgen das Hiendertellti Joch und damit gewissermassen das Tor zurück in die gängigen Skitourengebiete. Bereits als wir das felsige Joch nach kurzem Klettern erreichten, erblickten wir zahlreiche Tourengruppen verteilt über das weitläufige Gauligebiet. Doch bevor wir dazu stossen konnten, mussten wir auf den Gletscher hinunterkommen. Nach einigem Suchen fanden wir die notwendigen Abseilstellen und waren kurze Zeit später auf dem Gletscher «gelandet». Just als wir das Seil abziehen wollten, folgte dann eine unangenehme Realisation: B.B. (Name geändert, original d. Red. bekannt) hatte seinen Pickel beim Mittleren Stand vergessen. Es folgte ein akrobatischer Aufstieg am Seil, um das Malheur zu korrigieren bevor wir dann einige Pulverschwünge auf dem Gletscher genossen – es waren die besten (böse Zungen könnten auch sagen «einzigen») der gesamten Woche. Gegenanstieg und Gipfel waren dann einfach gemeistert Nach schöner Abfahrt, Seeüberquerung und Gegenaufstieg trafen wir in der Gaulihütte ein, wo das Kuchen-Defizit aus den letzten Tagen ausführlich ausgemerzt wurde.

Sonntag: Ränfenhorn – Rosenlaui
Erstmals waren wir an diesem letzten Tourentag in Gesellschaft anderer Gruppen unterwegs und bestiegen das Ränfenhorn bevor wir die spektakuläre Abfahrt über den Rosenlauigletscher unter die Skier nahmen. Die imposante Szenerie kompensierte denn auch für die eher schwierigen Schneebedingungen zwischen Bruchharsch und hartem Schnee, die bei der Traverse in die Abfahrtsroute unterhalb des Rosenlauibiwaks in einem Absatz aus blankem Eis gipfelten. So kam auch an diesem letzten Tag noch einmal das Seil zum Einsatz bevor wir kurz nach Mittag nach einer tollen Tourenwoche die Strasse der Grossen Scheidegg erreichten.

Vielen Dank an Marcel und Tom für die Organisation!
Tourenbericht: Manuel
Fotos: Alle