Wildhorn via N-Grat

Ein Sonntagmorgen in Brugg. 09:30 Uhr. Während normale Bergsteiger zu dieser Zeit bereits am Gipfel stehen oder das erste Znüni auf der SAC-Hütte geniessen, treffen sich vier topmotivierte, leicht verspätete Alpinisten. Unsere Gruppe bestand aus Elvira, Patrick, Cyril und unserem Tourenleiter Renato. Das Ziel: das Wildhorn – via Wildgrat. Der Weg: lang, kurvig und mit ÖV.

Die Reise führte uns über Bern an die Lenk und dann weiter mit dem legendären Bus zur Iffigenalp. Die Busfahrt war ein Abenteuer für sich – enge Strassen, scharfe Kurven und das ständige Gefühl, dass der Busfahrer entweder extrem erfahren oder extrem lebensmüde sein musste. Wir beschlossen, ihm zu vertrauen – immerhin war er der Einzige mit einem Lenkrad.

Beim Zustieg zur Wildhornhütte machten wir einen kurzen Halt am idyllischen Iffigensee. Dort tummelten sich unzählige Fische im klaren Wasser. Einige von uns wagten ein Bad – was sich allerdings als leicht bissige Erfahrung entpuppte. Die Fische zeigten grosses Interesse an unseren Zehen. Ob aus Hunger oder Neugier, bleibt ungeklärt. Wir nannten sie liebevoll „die Piranhas von der Lenk“.

In der Wildhornhütte angekommen, genossen wir ein feines Abendessen und kuschelten uns in unsere Decken. In der Nacht zog ein kräftiges Gewitter auf, das jedoch nicht alle mitbekamen – unsere SACler schlafen eben tiefer als ein Lawinenhund im Einsatzmodus.

Am nächsten Morgen war um 04:30 Tagwache. Der Kaffee war stark, das Brot gut, die Motivation hoch. Doch kaum zehn Minuten unterwegs, war der Himmel plötzlich wieder voller Drama – Blitz, Donner, Regen. Also kehrten wir flugs um und verbrachten noch eine weitere Stunde in der warmen Hütten.

Gegen 06:00 wagten wir den zweiten Versuch – diesmal mit Erfolg. Der Wildgrat präsentierte sich als abwechslungsreicher und stellenweise luftig-exponierter, aber nie schwieriger Weg. Die Gruppe war konzentriert und zügig unterwegs – echte SAC-Brugg-Qualität eben.

Trotz der wetterbedingten Startverzögerung standen wir fast pünktlich auf dem Gipfel. Dort genossen wir eine ausgiebige Rast mit spektakulärem Panorama und einem Helikopter, der über uns Kreise zog – vermutlich eine Übung, vielleicht auch eine Verzweiflungstat, nachdem er unsere eleganten Seilschaften aus der Luft bewundert hatte.

Der Abstieg führte über den Gletscher, wo wir dank hervorragender Schneeverhältnisse komplett auf Steigeisen verzichten konnten – eine Seltenheit im Jahr 2025. Nur in der letzten halben Stunde zur Iffigenalp wurden wir noch etwas verregnet, was wohl an unserer verlängerten Gipfelpause lag. Selbst schuld – aber nass ist besser als gar kein Wildhorn.

Zur Belohnung gab es auf der Iffigenalp einen sensationellen Ingwer-Eistee der die Lebensgeister weckte und die leicht durchnässten Körper aufheitertr.

Fazit: Eine Tour mit allem, was das Bergsteigerherz höherschlagen lässt – Fische, Wetterkapriolen, ausgesetzte Grate und Helikopter.

SAC Brugg: spät gestartet, aber würdig gegipfelt.
Cyril Obrecht