Wasserbergfirst

Leiter: Urs Sandfuchs
Regen wird in diesen Tagen sehnlich erwartet, nur kommt er für uns nicht ganz zur richtigen Zeit: Schon beim Aussteigen auf der Alp Liplisbüel im Hürital spannen wir den Schirm auf. Wettermässig beginnt jetzt ein munteres Wechselspiel von Nieselregen über Güsse, Aufhellungen, gedämpftem bis stechendem Sonnenschein. Im ersten Aufstieg übers Stägenplänggeli geraten wir ins Schwitzen und verstauen das Regenzeug rasch im Rucksack. Die Gruppe ist sehr flexibel, sie besteht aus unserm Leiter Urs und Ernst Meier und dem Berichterstatter.
Wir erreichen zügig die Alp Zingel, es blitzt und donnert, und damit ist klar, dass wir den Wasserbergfirst nicht bis zum Gipfel machen werden. Der Senn und seine Helferinnen und Helfer bieten uns ihre Stube an, damit wir die folgende Stunde mit ergiebigen Regengüssen im Trockenen bei Kafi Lutz verbringen können. Draussen melken die Jugendlichen halbwegs im Schutz der Dachvorsprünge die Ziegen.
In der Stube sitzen wir zusammen mit einer fünfköpfigen Wandergruppe in unserm Alter und mit vier jungen Männern, die kurz nach uns die Alp von oben kommend erreicht haben. Sie sind am Abend zuvor aufgestiegen zur Beobachtung der Mondfinsternis, und sie sind am frühen Morgen schon vom Regen überrascht worden.
Wie die Radarapp von Urs vorausgesagt hat, nimmt der Regen vor dem Mittag ab, und wir brechen wieder auf. Nach fünf Minuten versorgen wir den Regenschutz wiederum und gewöhnen uns mit Sonnenhut und -brille ans helle Licht. Wir finden sogar einige trockene Steine als Sitze für die Mittagsrast.
Urs hat in rollender Planung die Route angepasst, wir steigen leicht aufwärts in südöstlicher Richtung ins Gebiet Matten und  gelangen in sanftem Bogen südwestwärts  zur Alp Rindermatt. Unterwegs hat er uns als Ersatzgipfel das Firsthöreli angeboten, was die zwei Teilnehmer angesichts der unsicheren Wetterlage einstimmig und dankend abgelehnt haben. Nach dem Abstieg ins Chinzertal erreichen wir den Passweg, der von General Suworow und seiner Armee vor 219 Jahren beschritten worden ist.
Ein urchiger Älpler mit metallgedeckelter Tabakpfeife kommt uns entgegen. Nein, er setze sich nicht in den Ameisenhaufen zur Voraussage des Wetters im nächsten Jahr, antwortet er auf unsere Frage in echtem Muotitaler Dialekt, dessen Verständlichkeit noch durch die Pfeife im Mund erschwert wird. Er fügt hinzu: 'I liige d Mensche nit gärn aa!'
Mit den ersten Nieselregentropfen erreichen wir bequem das Alprestaurant Liplisbüel und setzen uns zum Zvieri an den Tisch. Der Käse auf dem Brettli schmeckt so gut, dass alle einen Brocken davon kaufen und mit nach Hause nehmen.
Wir haben einen abwechslungsreichen Tag erleben dürfen, nicht nur bezüglich Wetter, Landschaft und Geologie, sondern auch mit Begegnungen mit vielen interessanten Menschen. Dafür gebührt Urs ein grosser Dank für vorgängige und rollende Planung und für den Entscheid, die Tour trotz suboptimalem Wetterbericht durchzuführen, es lohnt sich immer, in die Berge zu gehen!
Ruedi Hintermann