Tourenwoche: Trient Gebiet

Am Dienstagmorgen kurz nach 6 Uhr fuhren wir mit dem Zug über Visp nach Martigny wo wir unsere drei fehlenden Kollegen trafen. Diese waren von Sonntag auf Montag bereits als Akklimatisation- und Aufwärmtour auf dem Allalinhorn. Einem der drei ging es allerdings nicht besonders gut, er hatte sich leider eine Magenverstimmung eingefangen und konnte die Tour nicht mit uns beginnen. Über drei weitere Stationen, inkl. Seilbahnfahrt, waren wir am Ausgangspunkt unserer Tour. Zuerst gab es allerdings Kaffee und Kuchen bevor wir den Weg in die Cabane d'Orny unter die Füsse nahmen. In der Hütte angekommen tobten wir uns noch etwas im lokalen Klettergarten aus. Just am Einstig des 5c, als der erste Express geklippt war, öffnete der Himmel für eine kurze Zeit alle seine Schleusen. Dies machte das Unterfangen nicht unbedingt einfacher aber auch nicht unmöglich. Daher traten wir die Kletterei nach kurzer Pause wieder an. Das anschliessende Nachtessen war super und die Nacht erholsam.

Am Mittwoch konnten wir ausschlafen und das morgendliche Gewitter in der Hütte aussitzen. Danach ging es auf zum Aiguilles Tourelle welchen wir auf verschiedenen Routen in 8-10 Seillängen erkletterten. Im Anschluss zogen wir weiter zur Cabane du Trient und nahmen unser Zimmer in Beschlag. Grosszügigerweise hatten wir das 10er Zimmer mit vier Einzelbetten für uns alleine.

Früh morgens um 5 Uhr starteten wir am Donnerstag zum Aiguilles du Tour, welchen wir über den Arête de la Table erklimmen wollen. Nach dem überqueren des Plateau du Trient stiegen wir beim Col du Tour ein steiles Schuttcouloir auf den Glacier du Tour ab. Danach führte uns der Zustiege zum Arête de la Table über ein knapp 50° steiles Firnfeld in ein brüchiges Blockfeld. Dieses war nicht ganz einfach zu meistern. Die Wegspuren die im Führer versprochen waren schienen schön verwischt worden zu sein und eine eingeklemmte Hand zwischen den Steinen half auch nicht besonders. Als wir den Grat erreichten war die Kletterei herrlich. Die Pause auf dem ziemlich ausgesetzten 'Table', welcher dem Grat seinen Namen gibt, war ein tolles Erlebnis. Später in der Hütte war nun auch unser genesener Kollege eingetroffen und erwartete uns freudig.

Ebenfalls um 5 Uhr starteten wir am Freitag zum Aiguilles Sans Nom welchen wir über den Südgrat erklettern wollten. Da die Kletterei etwas anspruchsvoller zu sein schien, packten wir diesmal unsere Kletterfinken mit ein. Der Zustiege verlief problemlos und die sehr schöne Kletterei starteten wir bei angenehmer Witterung. Kurz vor dem Gipfel wurde es immer windiger und es näherte sich eine dunkle Gewitterwolke. Kurz darauf kam der Beschuss mit haselnussgrossen Hagelkörnern und die ganze Umgebung lud sich elektrisch auf. Das Summen unserer Karabiner und der Pickelspitzen in den Ohren, verzogen wir uns schnell in verschiedene Löcher und warteten die nächsten 10 Minuten ab. Nun hatte sich das Wetter wieder gebessert und wir setzten unsere Tour Richtung Gipfel fort. Im Abstieg wurde es wieder sehr windig was das Seilauswerfen beim Abseilen nicht gerade einfacher machte. Zurück in der Hütte stellten wir fest, dass wir unser Zimmer nun mit fünf anderen teilen mussten, es war ja mittlerweile auch Wochenende.

Am Samstag starteten wir früh um 2 Uhr zum Aiguilles du Chardonnet. Beim Zustieg zum Arête de Forbes, dem Grat über welchen wir den Gipfel erreichen wollten, mussten wir ein langes und steiles Firnfeld und eine wilde Gletscherlandschaft durchqueren. Auf dem Grat erwartete uns eine super Kletterei mit herrlicher Aussicht, wenn wir nicht direkt in der Wolkendecke gesteckt hätten. Den Gipfel erreichten wir gegen 11 Uhr und nahmen den genauso wilden Abstieg, wie es der Aufstieg war, unter die Füsse. Das Abseilen über den gut 15m hohen Bergschrund war dabei das Highlight. In der Hütte genossen wir noch unseren letzten Abend und gingen etwas später als gewohnt zu Bett.

Am Sonntag konnten wir bis 6 Uhr liegen bleiben und nahmen eine Stunde später den Abstieg ins Tal in Angriff. Auf halber Strecke nahmen wir noch die 'Traverse' am Lac d'Orny in Angriff. Der im Topoführer gezeichnete Haifisch konnten wir jedoch nicht erblickten. Wir waren auch zu sehr mit der Schlüsselstelle, einer sehr griffarmen 5c Platte, welche zu allem Überfluss noch von einem kleinen Rinnsal aus Schmelzwasser durchquert wurde, beschäftigt. Natürlich meisterten wir alle diese Stelle ohne jemals auch nur daran zu denken, sich an einem Express zu halten. So werden wir es zumindest daheim erzählen. Nach dem weiteren Abstieg ins Tal und der Fahrt mit der Luftseilbahn, kamen wir wieder in der Zivilisation an. Leider bemerkten wir etwas spät, dass wegen eines Dorffest, der Bus nun an einer andere Haltestelle als geplant fuhr. Im Eiltempo liefen wir durch das Dorf und rannten die letzten Meter zum Bus. Glücklicherweise schafften wir es alle noch auf den Bus und konnten somit die Heimreise antreten.
Autor: Cyril Obrecht

Fotos: Philipp Hausmann