Münstertal

Sonntag
Bei schönstem, sehr warmem Sommer-Wetter gingen wir in die Wanderwoche ins Val Mustair.
Mit den Tourenleiter Hans Ueli Fehlmann waren wir noch sechs Teilnehmer. Einer fehlte, wegen einem Unfall musste er leider zu Hause bleiben. In Fuldera im Hotel Staila, wo wir  sehr herzlich empfangen wurden, ist unsere Bleibe für die nächsten Tage.
Am Nachmittag wanderten wir nach Santa Maria. Leider musste jemand im Hotel zurück bleiben wegen eines plötzlich im Zug aufgetretenen Unwohlseins. Auf dem Weg nach St. Maria, alles dem Rom entlang, begegnete uns immer wieder ein Bär, zum Glück aus Holz.
Ein herrliches Bettags-Abendessen, ein Vier-Gänger mit Hirsch-Fleisch vom Tal rundete diesen ersten Tag ab.
Verena Keller

Montag
Mit dem Postauto erreichen wir die Haltestelle Süsom Givè auf dem Ofenpass (Pass dal Fuorn, 2149 m ü. M.), wo der Ausgangspunkt der Wanderung ist. Eine Primarschulklasse bereitet sich ebenfalls auf eine Wanderung vor. Ich bin froh, dass diese Gruppe einen anderen Weg nimmt. Wir sind ausser einem kurzen Stück am Anfang des Aufstieg den ganzen Tag für uns alleine unterwegs. Vorbei am Sendemast auf der Südostseite des Berges 'Il Jalet' steigen wir den Weg auf den Sattel zwischen Jalet und Piz Daint hinauf. Bei Davo Plattas (2289 m ü. M.) nehmen wir dann die Abzweigung hoch zum Piz Daint. Nun wartet ein Anstieg mit satten 600 Höhenmetern zum Piz Daint. Die letzten 300 Höhenmeter führen entlang des Westgrades des Piz Daint mit Blick ins Val Mora und Ortlermassiv. Das Wetter ist wolkig und wir müssen uns bei den Marschpausen etwas schützen. Just kurz bevor wir oben ankommen zeigt sich die Sonne und wir können bei bestem Wetter unsere verdiente Rast geniessen. Auf dem Piz Daint (2968 m ü. M.) öffnet sich der Blick mit atemberaubendem Panorama hinunter ins Val Müstair. Der 'PeakFinder' hilft uns die vielen sichtbaren Berge zu benennen und Unsicherheiten zu beseitigen.
Der nun folgende Abstieg Richtung Süden hat es in sich. Die Steilheit 40%+, die lange Wegpartie und der rutschige bröckelige Untergrund überrascht uns sehr. Wir sind uns einig, das ist sicher T4 und sollte weiss-blau markiert sein. Unten am Steilhang (Pt. 2681) gönnen wir uns eine ausgedehnte Mittagsrast und geniessen das tolle Herbstwetter.
Der Weg hinunter Richtung Tschierv, führt über sehr abwechslungsreiches Gelände nach Muliniersch. Langsam dominieren die intensiven Herbstfarben, gelb-orange bis intensives rot, das sieht herrlich aus. Auch sehen wir erst vereinzelte, dann viele Edelweiss. Welch ein 'Glück'.
Das letzte Stück hinunter durch den Wald 'Las Jondas' entlang dem Tal 'Val da la Föglia' ist wiederum eine Herausforderung. Ca. 400 Höhenmeter steilster Wald. Überall Wurzeln und andere Stolperfallen fordern höchste Konzentration. Manch einer rutscht, aber niemand kommt zu Schaden. Auffällig sind die vielen Pilze am Wegrand und im Wald. Niemand aus der Gruppe fühlt sich Sammelkompetent. Also lassen wir sie stehen - besser so.
In Tschierv angekommen besteigen wir den Bus nach Fuldera.
Die Routenwahl war toll, abwechslungsreich und anspruchsvoll. Vielen Dank auch allen für die lehrreichen Gespräche und für die Offenheit zu heiklen Themen.
Remo Baumann

Dienstag
Mit dem Postauto von Fuldera nach Lü, 1916m. Ab hier zu Fuss, über eine Alpstrasse, im Zickzack hoch via Valmorein, Alp Tabladatsch und Fuorcla Sassalba zum Piz Terza oder zu Deutsch, da die Grenze, zum Italienischen Südtirol, hinter dem Gipfelkreuz durchläuft, auch Urtirolaspitz genannt, 2908m.
Wolken, Nebel und auch ein wenig Sonne, begleiten uns zum Gipfel und auch wieder hinunter, via Fuorcla Sassalba. Nun hinter dem Berg Muntet durch, zum Pass da Costainas.
Leider begleitet uns von hier, bis wieder zurück nach Lü, ein wenig Niederschlag. Dort kommen alle 6 Wanderer, mit 1000 Höhenmeter Auf- und Abstieg, wieder Trocken und gut gelaunt an.
Vor der Postautofahrt zurück nach Fuldera, reicht es noch für einen Drink, im Dorfrestaurant, auf der gemütlichen Terassenlaube.
Ganz herzlichen Dank für die umsichtige Tourenführung an Hansueli.

Mittwoch
Nach einem stärkenden Frühstück machen wir uns zur Bushaltestelle auf. Wir fahren nach Santa Maria, um ins  Postauto zum Umbrail Pass umzusteigen. Dieser wurde früher auch Wormser Joch genannt und ist ein Gebirgspass in der Ortler Gruppe auf der Grenze zwischen Italien und der Schweiz. Die Passhöhe liegt auf einer Höhe von 2501 m über Meer und ist damit der höchste Strassenpass in der Schweiz. Im Einsatz sind zwei grosse Busse - der Andrang ist hoch, da die Fahrt auf den Pass in der Nachsaison nur am Mittwoch stattfindet und  reserviert werden muss. Die Fahrt selber ist schon toll, es geht über etliche Spitzkehren und schöne Landschaften auf die Höhe. Hier entsteigen wir um 10:00 Uhr dem Postauto. Nach einem kurzen 'Biohalt' beginnt gleich neben der Haltestelle der Weg auf den Piz Umbrail. Zu Beginn geht's auf schönem Wiesenpfad Richtung Gipfel, auf etwa halber Höhe wird es interessanter. Wir queren zuerst eine Schutthalde um danach in einem sehr gut, mit Ketten gesicherten Teil etwas hoch zu kraxeln. Mit einer Trinkpause stehen wir um 11:30 Uhr auf dem Gipfel (3033 m.ü.M.), gratulieren uns für die erbrachte Leistung und geniessen die traumhafte Aussicht. Wir sehen die Berninagruppe, den Ortler, den Piz Terza und jede Menge andere Gipfel, sowie das Münstertal und das Stilfser Joch. Es geht ein kühler Wind und es ist immer wieder etwas bewölkt, so dass wir nicht sehr lange Rast machen. Von nun an geht es 1621 m runter. Der Weg schlängelt sich in vielen Serpentinen in die erste untere Geländekammer. Die Türmchen und Zacken das Umbrailpasses sind eindrücklich. Grössere Kalkbrocken oder auch Schutt sind zu durchqueren, der Pfad ist stets sehr angenehm angelegt. Hansueli vermutet, dass der Weg aufgrund der SRF Sendung 'bi de Lüt' mit Nick Hartmann so gut in Schuss sei. Es geht weiter hinunter, nicht mehr so steil und plötzlich sehen wir einen Zipfel des Lei da Rims. Er gilt als einer der schönsten Bergseen der Alpen, inmitten unberührte Natur im Val Mora. Er schillert grünblau, die Berge spiegeln sich im klaren Wasser, er liegt da wie ein Juwel. Traumhaft. Mit bester Aussicht auf den gesamten See machen wir eine Mittagsrast und geniessen die wunderbare Natur um uns herum. Nach weiterem Abstieg kommen wir an den See und legen eine weitere Trinkpause ein. Vom See führt ein steiler Weg in einer mondähnlichen Schlucht hinunter ins Val Vau. Die Aua da Rims stürzt sich daneben über einen Wasserfall in die Tiefe. Auch dieser Weg ist wieder perfekt angelegt und angenehm zu laufen, trotz der Steilheit des Geländes. Wir kommen wieder in die Vegetationszonen. Lärchen, Föhren und Arven dominieren, am Wegrand sind unzählige Pilze zu bewundern, die wir natürlich auch wieder stehen lassen! Nach etlichen Serpentinen gelangen wir nach Tschuccai (1950 müM.). Ab hier führt der Weg grösstenteils auf einer Kiesstrasse nach Santa Maria, hier kann man so richtig los laufen - was Hansueli und ich auch tun :-). Welch ein Glück, an der Postauto Haltestelle warten wir genau 1 Minute und der Bus bringt uns zurück nach Fuldera.

Abend desselben Tages
Eine warme Dusche weckt die Lebensgeister. Nach einem wie jeden Abend vorzüglichen und freundlich serviertem Nachtessen begeben wir uns gestärkt ins Gemeindehaus und lauschen einem Vortrag zum Thema 'Biodiversität im Val Mustair', das zum UNESCO Biosphärenreservat gehört. Valentin Pitsch informiert, dass im gesamten Münstertal Kalkstein und Silikate vorherrschen. Hier wachsen spezielle Pflanzen und es ist ein Lebensraum für seltene Tiere (Vipern, Nattern, die Smaragdeidechse, Felsenfalter, die Goldaugen Springerspinne u.v.m. Dazu zeigt der eindrückliche Fotos. Wir wissen jetzt auch, warum der Tannenhäher der Vogel im Logo des Nationalparks ist! Zum Schluss beschreibt er die Ansiedlung des Bartgeiers (wieder mit Hammer Aufnahmen), welches ein Erfolgsmodell des Nationalparks ist. Er schliesst mit den Worten 'es mögen doch mehr Bartgeier fliegen und der Homo Sapiens etwas weniger'.

Donnerstag                                                                                                                                                                                  Wir haben hufob Wetter! Stahlblauer Himmel, klare Luft, tolle Fernsicht, kein Wölkchen! Bequem bringt uns das Postauto zum Parkplatz P10 bei Buffalora, von wo aus wir um 09:15 Uhr starten. Vorbei an der Alp Buffalora, dem Bergweg über offenes Weidegelände folgend, taucht unweit von Punkt 2300 ein Stolleneingang von alten Eisenminen auf. Christoph wagt sich ein kurzes Stück in den Stollen, der sich unerwartet weitet aber sehr schlammig ist. Bald darauf passieren wir die Parkgrenze. Südlich des Munt Chavagl geht es weiter, hinab in ein Tälchen bis auf 2330 m, dann hinauf auf den sehr breiten Geländerücken des Munt la Schera. Um 12:00 Uhr haben wir die riesige Gipfelfläche des letzteren erreicht. Oben befinden sich ein Steinmann sowie die Hinweistafel, dass man die Markierungen auf dem Gipfelplateau nicht überschreiten darf.
Munt ist - im Gegensatz zu Piz für Gipfel - das romanische Wort für Bergkuppe. Tatsächlich ist der Berg zwischen der Ofenpassstrasse und dem Livigno-Stausee eine rundgeschliffene Kuppe, die einem Vulkan ähnlich sieht. Abgehobelt haben sie eiszeitliche Gletscher. Die Südseite des Munt la Schera entspricht damit keineswegs dem Klischee des Bergföhren-Nationalparks.
Wir geniessen unser Mittagessen bei strahlendem Sonnenschein, erfreuen uns der wunderbaren, nach allen Seiten offenen und spektakulären Aussicht auf die Bernina Gruppe, die Ortlerkette und den grünblau leuchtenden Lago di Livigno - der ein Stausee ist.

Kurz vor 13:00 Uhr machen wir uns an den Abstieg und kommen in den Höhenweg, der sich bei P. 2338 wieder mit der Gipfelroute vereinigt. Von hier steigen wir weiter ab zur Schutzhütte der Parkwächter auf die Alp la Schera (2091 m) und folgen dem Weg in nördlicher Richtung durch die föhrenbewaldete Nordwestflanke des Schera nach Il Fuorn (1794 m). Der Pfad  ist reizvoll und gut angelegt. Immer wieder halten wir Ausschau nach Bartgeiern - aber die halten sich heute versteckt. Um 15:00 Uhr erreichen wir Il Fuorn, geniessen eine Erfrischung und lassen uns mit dem Postauto nach Fuldera zurückfahren.

Es waren zwei wunderbare Tage, herzlichen Dank Hansueli für die gelungene Tourenwahl und Führung sowie der gesamten Gruppe Merci für die gute Stimmung und die anregenden Gespräche.
Heidi Baumann

Freitag
Sonne, auch am Freitag, was willst du mehr. Im Programm habe ich das Val Mora mit dem Uebergangen nach Fuldera. Ein Sieben-Stünder zum Abschluss. Die Fahrt zum Ofenpass kennen wir mittlerweile. Den Aufstieg zum Jufplaun unter dem Piz Daint schaffen wir im Schatten. Schön diese weite Hochebene. Danach die 300 m Abstieg zur Alp Mora. Die Einkehr bei der Lenzburgerin von Alp Mora gibt die Kraft für den Aufstieg von 500m zum Valbella, dem Übergangs zwischen Piz Dora und Piz Chazforant. Der Abstecher zum Dora ward für die einen das Tüpfelchen vom i. Das Seelein lud zur Rast. Der Block Grat  Richtung Alp Sadra hatte es in sich. Das Panasch im Hotel liess sie 1300 Höhenmeter Abstieg vergessen.
Zum Schluss danke ich (der Tourenleiter) meiner super Gruppe. Ich war schon viel unterwegs. Dies war eine der Schönsten Wanderwochen in einem sehr schönen Wandergebiet unseres Landes. -Danke auch dem ganzen Hotel Team vom Staila in Fuldera. 'Ihr macht das Super. Alles hat gepasst!
Hansueli Fehlmann Tourenleiter

Fotos: Verena Keller und Christoph Schmid